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Rüdigers Altes Arsenal
#1
Das Fanzine "22 Spieltage" traf den Trainer "Alter Abschaum" an diesem Sonntag. Tag eins, nach der abgelaufenen Saison. Unter der Rubrik "...auf eine halbe Schachtel Zigaretten mit Abschaum" veröffentlicht das Fanzine hier ungekürzt das Interview mit den Fragen zum Aufstieg, zu abgelaufenen Saison, zu einem persönlichen Traum und einem legalen Dopingmittel.




Es ist Sonntag, kurz nach 15 Uhr. Ein leicht wolkenverhangener Himmel mit vereinzelten Sonnenstrahlen taucht die Einfahrt zum Trainingsgelände von Rüdigers Altes Arsenal in ein unwirkliches Licht. Viele Bäume, die in langen Linien die Parkplätze durchbrechen und weiße Schilder mit schwarzen Wegbeschriftungen.
Der Platzwart will uns zuerst nicht reinlassen, aber nachdem wir ausführlich erklärt haben, daß wir nicht vom "Kicker" sind (unsere Presseausweise haben wir natürlich vergessen) und mit dem Trainer einen Interviewtermin haben, lässt er uns schließlich rein.
Direkt neben dem ausladenden Trainingsgelände erhebt sich das "Highbury Remembrance"; das Heimstadium der Goalz-Gunners. Oder ist es für solche Vergleiche zu früh?
Zwischen Stadion und dem Trainingsgelände steht ein auf den ersten Blick einfaches, einstöckiges Flachdachhaus, welches wir von einer Luftaufnahme kennen: sieht aus wie von Bäumen umsäumter ein Bagel, in den jemand reingebissen hat und statt kreisrund nur noch zu dreivierteln geschlossen ist. Das Präsidium des Vereins ist hier untergebracht, die Fanabteilung, der Trainerstab, Fitnessabteilung und so weiter. In der Mitte des "Bagels" (wie das Gebäude hier viele auch tatsächlich nennen) ist die Erde deutlich abgesenkt und durch eine stufige Treppe erreichbar. Was auf den ersten Blick noch einstöckig aussah, entpuppt sich als ein Gebäude mit zwei Etagen. Mitten im fast geschlossenen Kreisrund ist so von außen kaum einsehbar im Souterrain eine große Terasse mit angeschlossenem Cafébereich.
Dort sitzt der "Alte® Abschaum", wie der Trainer von vielen genannt wird. Sichtlich leger gekleidet und mit einem Espresso, Wasser, einer Schachtel Zigaretten und einer Sonntagszeitung könnte man auch meinen, daß sich ein sonntäglicher Müßiggänger zum Café hierher verirrt hat. Eine Einreichung unserer Fragen vorab war nicht nötig. Wir bestellen ebenfalls Café und legen nach den üblichen Begrüßungsformeln auch direkt los...



"22 Spieltage"; Herr Abschaum, sie haben ziemlich viele Ringe unter Ihren Augen. Die letzte Nacht ging wohl etwas länger?
Abschaum: (hustet) Ja! Das kann man wohl sagen! Wir haben gestern sensationell den Aufstieg geschafft und bis in die Puppen gefeiert. Sie haben Glück mich hier anzutreffen, denn beinahe hätte ich den Termin absagen müssen.

Warum?
Nun, die jungen Kerle haben einfach wild gefeiert - das hat mich natürlich angesteckt. Nachdem in Nordstadt das Spiel beendet war, gab es kaum noch ein Halten... Die Busfahrt hierher zurück war neben Bier- und Sektduschen vor allem eines; eine Standleitung zur BSG Giraffenkotze: Wir haben alle Spieler und natürlich auch meinen Trainerkollegen Pupsnase überreden können, mit uns zu feiern. Dann kamen am frühen Abend noch die Spieler unserer A-Jugend dazu (Anmerk. der Red.: ebenfalls 1. Platz in der 5. Liga). Das heißt; direkt nach unserer Ankunft hier ging die wilde Feierei erst richtig los. Später dann irgendwo in der Stadt, aber ich weiß beim besten Willen nicht mehr wo wir waren und wie ich nach Hause kam...

Das klingt in der Tat nach einer langen Nacht. Auch von unserer Seite noch einmal herzlichen Glückwunsch zum Aufstieg aus der 5. Liga IV. in die 4. Liga II! Was ist das für ein Gefühl?
Danke für Ihren Glückwunsch. Das alles ist unbeschreiblich! Es mischen sich Freude, Dankbarkeit und Stolz mit dem "ich kann´s noch gar nicht fassen".

Eigentlich haben Sie ja nichts mit Fußball zu tun gehabt. Haben Sie zu Beginn der Saison nach der Übernahme der Vereinsführung und des Traineramtes damit gerechnet?
Nein, überhaupt nicht. Ich war zwar schon immer fußballbegeistert, aber die Entscheidung, den Verein zu übernehmen und die Mannschaft zu trainieren, war ein spontaner Entschluss zu dem mich andere überredet hatten.

Wer denn?
...das waren alte Kollegen, die ich noch aus Zeiten meiner Tätigkeit für den Rüdiger-Talkonzern kannte. Allen voran gestandene Persönlichkeiten wir TBM, Popocorn, Pupsnase, T-Kilah, Euro und jiiihaaaa. In erster Linie sind die daran schuld, daß ich nun Ringe unter den Augen habe (lacht). Außerdem gilt diesen und einigen anderen meiner "Freunde" auch mein herzlichster Dank für die zahlreiche Unterstützung mit einer hohen Quote an Testspielen und dem gemeinsamen Austausch. Das hat mir vieles erleichtert.

Also aus einem beinahe Kaltstart heraus, direkt den Aufstieg geschafft. Das ist eine tolle Geschichte. Gab es denn auch Rückschläge?
Eigentlich gab es lange Zeit nur Rückschläge! Der Saisonstart verlief gut, aber dann häuften sich Niederlagen, die angespannte Finanzsituation drückte auf´s Gemüt, Verletzungen. Dennoch habe ich anfangs viel Zeit in dieses Projekt gesteckt, denn mehr war es nicht: ein Projekt. Ich hatte nichts zu verlieren und suchte nach einer neuen Herausforderung, die möglichst ergebnisoffen sein sollte. Natürlich war es anstrengend auf der einen Seite den Trainerschein zu machen, die Mannschaft im Auge zu behalten und den Verein zu konsolidieren.

Was Ihnen als gelernter Ökonom aber doch leicht viel?
Es mag sein, daß man als Ökonom einige vor allem wirtschaftliche Mechanismen schneller versteht, als andere. Aber eine Mannschaft auf Erfolg zu trimmen, den Fans die Herzblutspiele zu geben, die sie verlangen und ganz nebenbei im Pokal zu fighten, die richtige Transferpolitik zu betreiben und so weiter... Das alles hatte ich mir schon einfacher vorgestellt und getroffene Entscheidungen brauchen ja Zeit, um ihre Wirkung zu entfalten. Und: rückblickend war es gut für uns, früh aus dem Goalz-Pokal ausgeschieden zu sein. Wir hatten somit mehr Zeit uns auf das zu konzentrieren, was wir uns als einfaches Ziel zu Saisonbeginn gesetzt hatten: Etablierung im oberen Tabellendrittel. Das haben wir geschafft. (lacht wieder)

Nochmal zur abgelaufenen Saison ein paar Stichworte: Fluktuationen in der Mannschaft, Verletztungspech, Finanzen...
Ok, eine kurze tour d´horizon: sieben Neuzugängen standen drei Abgänge gegenüber. Der Kader war für meinen Geschmack zu heterogen, was die Spielereinstellungen betraf. Wir mussten viel Geld für vorzeitige Vertragsauflösungen ausgeben, aber es ging nicht anders. Dem Trainerstab war klar, daß die Zielerreichung einen Kader voraussetzt, der zu 100% unsere Spielphilosophie bereit ist umzusetzen. Ein junger guter Abwehrspieler erlitt einen Kreuzbandriss und leider konnten wir in Anbetracht der Gesamtsituation diesen nicht im Kader behalten.
Daneben haben wir das Stadion gründlich renoviert und ausgebaut, das Trainingsgelände vergrößert, den Bagel gebaut, die Jugendabteilung professionalisiert und auch eine neue Preispolitik für das Stadion und das Merchandising eingeführt. Also ist neben viel Zeit auch viel Geld investiert worden... Zwischenzeitlich hatten wir die einmalige Chancen einen unserer Stürmer für einen stattlichen Betrag verkaufen zu können, was uns budgetseitig erheblich entlastet hätte. Ich war aber der Überzeugung, daß er noch mindestens eine weitere gute Saison für uns spielen kann und sein Potential noch nicht ausgeschöpft ist. Daher war er unverkäuflich.




Alter Abschaum entschuldigt sich kurz, steht auf und geht in das vereinseigene Café hinein. Wir lassen unseren Blick schweifen. Verspiegelte Büros, viel Holz, viel Stein und sehr viel Grün. Uns fällt die beinahe unbeschreibliche Ruhe auf, die hier herrscht. Nach einer guten Minute ist Abschaum wieder da: mit einer großen Karaffe Wasser und darin schwimmenden Obstscheiben. "Sie müssen das probieren! Eine selbstgemachte Limonade mit Ingwer, Zitrone, Apfel und Orange von der Frau unseres Platzwartes. Unser streng geheimes Dopingmittel!"




Wenn man das alles hier so sieht, könnte man meinen, daß es sich nicht um einen Verein handelt, der in der fünften Liga und nun in der vierten Liga spielt. Was haben Sie vor?
Auch wenn ich vorhin von einem Projekt gesprochen habe, so war mir in Absprache mit den Fanvereinigungen und den vorigen Vereinseigentümern klar, daß die Arbeit des Trainerstabes hier derart sein muss, daß damit langfristig gearbeitet werden kann. Egal, wer mir aus welchen Gründen auch immer folgen sollte. Dieser Verein und diese Mannschaft hatten nicht nur unser Vertrauen verdient, sondern mit der Überzeugung in das vorhandene Potential einhergehend auch das nötige Geld für Investitionen und die konstante Energie für langfristigen Erfolg.

Oha! Das hört sich ambitioniert an. Also einen Durchmarsch in die erste Goalz-Liga?
Das wäre natürlich schön. Aber wir wissen alle, daß wir nicht bei "Wünsch´ Dir was" sind. Wir werden einfach weiter konzentriert arbeiten müssen. Die Analyse unserer bisherigen Spiele zeigt, daß wir noch viel verbessern können. Und natürlich gibt es so etwas wie Konkurrenz, die ebenfalls stark und etabliert ist.

Sie bauen sich also direkt eine kleine Hilfe, sollten Sie in der kommenden Saison in der 4. Liga II. scheitern...
Nein, überhaupt nicht! Ich nehme nur Abstand davon, daß auf einen Aufstieg sofort der nächste folgt und so weiter. Unser Ziel für die kommende Saison ist es, nicht um den Klassenerhalt kämpfen zu müssen. Wir werden gründlich analysieren, welche Spieler von ihrem Niveau die gesteckten Ziele für den Verein mitgehen können und wo wir uns strategisch verstärken müssen. Die Jugendabteilung macht gute Arbeit, aber auch hier gibt es noch deutlich mehr rauszuholen. Ferner sind auch die Pokale nun ein ernsteres Thema für uns.

In der abgelaufenen Saison hat kein Verein mehr Tore als Rüdigers Altes Arsenal in der 5. Liga IV geschossen. Dürfen wir auch in der kommenden Saison ein solches Offensivfeuerwerk erwarten?
Unsere Spielweise war von Anfang an sehr offensiv ausgerichtet. Das werden wir sicherlich beibehalten, da die Mannschaft hier ihren Rhythmus gefunden hat. Ob das ähnlich oder genau so mit Toren belohnt wird, wie in der 5. Liga IV bleibt abzuwarten. Aber ich denke, eher nicht. Wir wollen uns verbessern, was die Gegentore betrifft ohne das Offensive aufzugeben. Das wird ein interessanter Spagat, aber ich bin zuversichtlich, daß wir auch das schaffen.

Sind Sie denn mit den Schiedsrichterentscheidungen zufrieden gewesen?
Der Aufstiegserfolg überblendet, daß wir meiner Meinung nach zu viele gelbe Karten bekommen haben. Und das bei einer durchweg "fairen" Spielweise. Dieses Thema ist müßig und alles in allem bin ich zufrieden, was ich auch ohne Aufstieg wäre.

Was hat es eigentlich mit diesem ominösen Rüdiger-Netzwerk auf sich?
(schmunzelt und macht sich eine Zigarette an) Das Rüdiger-Netzwerk. Ja, das ist eine lange Geschichte, die ich aber nicht in Gänze verraten will. Nur so viel: Das Stichwort "Rüdiger" ist mehr eine Philosophie und bestimmte Form von Weltanschauung. Zumindest haben einige Goalz-Manager für Rüdiger schon viel ihrer Zeit geopfert... (Abschaums Blick wird seltsam glasig und scheint einen Moment abwesend)

Ihr Traum für Goalz nach ihrer ersten Saison?
Fußball ist ein knallhartes Geschäft mit wenig Platz für Mystisches - oder gar einen Traum. Wenn ein Traum aber das wäre, was vielleicht einmal möglich werden kann, wenn die selbstgesteckten Ziele erfüllt werden und das nötige Quentchen Glück dazu kommt, dann würde ich mir wünschen, daß Arsene Wenger bei einem Heimspiel anwesend ist und danach Spieler von uns haben will. (grinst)

Herr Abschaum, vielen Dank für das Gespräch.

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Zitat:Tabelle 5. Liga IV
Verein Spiele S U N Tore Diff Punkte
[...]
2. Rüdigers Altes Arsenal 22 13 3 6 53:27 26 42
[...]
>>> 2,4 geschossene Tore/Spiel
>>> 1,2 kassierte Tore/Spiel
>>> 1,9 Punkte/Spiel
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